Ergebnisse einer Kurzumfrage
KI für Bausachverständige – Potenziale erkennen und nutzen
Autoren: Margarethe Schweizer und Thomas Altmann
Künstliche Intelligenz (KI) hat in kürzester Zeit in zahlreiche Arbeitsgebiete Einzug gehalten: KI erstellt Bilder und Texte, Chatbots beantworten unsere Fragen. Wir wollten wissen: Wie verändert KI den beruflichen Alltag von Bausachverständigen? In einer Branchen-Umfrage untersuchten wir die aktuellen KI-Erfahrungen, Potenziale sowie Bedenken und Herausforderungen bei der Nutzung von KI-Anwendungen im Zuge der Sachverständigentätigkeit.
Ergebnisse der Umfrage
Unsere Umfrage zeigt: Das Thema KI ist auch im Baubereich von hohem Interesse. An der Onlineumfrage im Juli und August 2024 beteiligten sich ca. 100 Personen, die nahezu alle als Sachverständige tätig sind. Zwei Drittel der Teilnehmenden äußerten ihre Erfahrungen und Meinungen auch in den offen gestellten Fragen.
Die Ergebnisse zeigen: Das Thema wird wahrgenommen. 92 % der Teilnehmenden haben zumindest schon von der Anwendung von KI im Bauwesen gehört. Doch wie sieht es mit dem Verständnis, der Akzeptanz und der konkreten Nutzung von KI im Arbeitsalltag aus?
Aktuelle Technologie-Nutzung
Zunächst interessierte uns, welche Technologien unabhängig von KI bereits im Arbeitsalltag etabliert sind. Die Antworten zeigen, dass vor allem mobile Apps zur Baustellendokumentation (42 %) sowie klassische Bauplanungs- (37 %) und Projektmanagementtools (33 %) zum Alltagsgeschäft gehören. BIM-Technologie wird aktuell von 10 % genutzt.
KI-Erfahrungen und -Nutzung
Erste Anwendungserfahrung mit KI haben zwei Drittel der Teilnehmenden bereits gesammelt, allerdings zumeist auf niedrigem Niveau. Lediglich 15 % geben an, KI-Anwendungen regelmäßig zu nutzen (Abb. 1).
Bei den Teilnehmenden, die bereits Erfahrungen mit KI gesammelt oder sie im berufl ichen Alltag eingesetzt haben, liegt der Schwerpunkt der Anwendungen in der Informationsaufbereitung wie etwa Textoptimierung, Übersetzungen und Literaturrecherche. Komplexere Anwendungen wie die Bildanalyse und -generierung oder automatisierte Berichterstattung werden noch wenig genutzt (Abb. 2).
Potenziale von KI
Die größten Potenziale für den Einsatz von KI im Berufsfeld von Bausachverständigen sehen die Teilnehmenden zunächst in den datenintensiven Bereichen, in denen sie zum Teil schon erste Erfahrungen haben. Das sind insbesondere die Recherche- und Informationsbeschaffung, Texterstellung und Datenanalyse und -verwaltung. Eine KI-Unterstützung bei der Gutachtenerstellung können sich über 40 % der Teilnehmenden vorstellen. Fast genauso viele sehen Potenziale bei Prognosemodellen z.B. in Bezug auf Schadensentstehungen. Eine Hilfestellung/ Unterstützung bei der Fehler- und Mängelfeststellung/- bewertung kann sich nur ein Viertel der Befragten vorstellen (Abb. 3).
Bedenken und Hindernisse
Auch bei den Befragten bestehen die »klassischen« Bedenken hinsichtlich der Nutzung von KI. Dies betrifft vor allem die Zuverlässigkeit der Ergebnisse, den Datenschutz und die Datensicherheit. Kosten, Komplexität und Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen spielen nur eine geringe Rolle (Abb. 4).
Ein fehlendes Vertrauen in die Ergebnisse wurde bei der Frage nach Hindernissen bei der Einführung von KI im eigenen Büro allerdings erst an vierter Stelle genannt. Größere Hindernisse sind Unsicherheiten bezüglich der Frage von Urheberrechten und der Verwendung von KI-generierten Inhalten, sowie Bedenken in Bezug auf die Datensicherheit. Schließlich nennen knapp 40 % fehlendes Wissen und mangelndes Verständnis als Hinderungsgrund (Abb. 5).
Meinungen
In einer Freitextfragerunde wurden die Teilnehmenden gebeten abzuschätzen, welche Entwicklungen in der KI-Technologie in Bezug auf Ihren Arbeitskontext am wahrscheinlichsten sind, in wieweit sie sich auf ihre Arbeit auswirken und das Berufsbild des Sachverständigen verändern.
Meinungsbild: Überwiegende Meinungen zu Auswirkungen von KI-Technologie auf den Arbeitskontext von Bausachverständigen
Positiv:
- Effizienzsteigerung und Zeitersparnis
- Verbesserte Recherche und Datenanalyse
- Unterstützung bei der Gutachtenerstellung
Negativ:
- Zuverlssigkeit und Qualität
- Datenschutz und Sicherheit
- Verlust von Fachwissen und Erfahrung
Positiv sehen die Teilnehmenden die Möglichkeiten einer schnelleren Informationsbeschaffung, der Recherche und Auswertung von Quellen (Literatur, Regelwerke) und größeren Datenmengen, sowie in der Übernahme von Routinearbeiten bei der Gutachtenerstellung. Dies betrifft insbesondere das Erstellen verständlicherer Texte und die Zusammenstellung von verifizierten Daten und Fakten. Sie erhoffen sich dadurch eine Zeitersparnis und ein effizienteres Arbeiten. Einige erwarten eine Verlagerung der Tätigkeiten auf komplexe Fragestellungen, weg von Standardgutachten.
Auf der anderen Seite sehen die Teilnehmenden einen möglichen höheren Aufwand bei der Beurteilung und Verifizierung der Ergebnisse aus KI-Anwendungen. Sie sehen eine andauernde Notwendigkeit, dass diese nicht unreflektiert übernommen werden. Auch die Gefahr einer wachsenden Auseinandersetzung mit »wohlklingenden«, aber inhaltlich falschen Gutachten von weniger qualifizierten Gutachtern, oder die Konfrontation mit den Aussagen von durch eigene KI-Recherchen vermeintlich »schlaueren« Auftraggebern.
Einig sind sich die Befragten, dass der eigene Sachverstand, die Erfahrung und das Expertenwissen bei der Kernarbeit des Sachverständigengutachtens nach wie vor nicht von einer KI ersetzt werden können, da letztendlich jedes anspruchsvolle Gutachten ein Unikat ist. Es geht also vor allem um eine Qualitätssteigerung und Zeitersparnis.
Zusammenfassung
Bei der Betrachtung der Meinungen zu zukünftigen Entwicklungen von KI-Technologien und deren Auswirkungen auf den Arbeitskontext des Bausachverständigen wird überwiegend erwartet, dass diese leistungsfähiger und zuverlässiger werden. Eine KI-Unterstützung insbesondere bei der Generierung von Inhalten geht jedoch immer einher mit der Aufgabe, diese zu überprüfen und zu verifizieren. Die Stärke von KI-Anwendungen wird in der Entlastung von Routinearbeiten gesehen. Erhebliche Bedenken bestehen in Bezug auf die Zuverlässigkeit und Qualität. Tenor: Der eigene Sachverstand kann unterstützt, Erfahrung jedoch nicht ersetzt werden.
»Denken muss ich immer noch selbst!«
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