Nachbericht: 2. Transformationsforum Bau

Tag 1: Keynotes und Paneldiskussion

Das 2. Transformationsforum Bau am 19. und 20. Mai 2025 in Stuttgart stand ganz im Zeichen praktischer Innovationsarbeit. Unter dem Motto »So geht Innovation im Bauwesen!« diskutierten Architekten und Planende, Vertreterinnen und Vertreter aus der Zulieferindustrie, aus Handwerk und Baugewerbe sowie aus der Forschung darüber, wie sich auch abseits großer Forschungsvorhaben und hoher Entwicklungsbudgets Innovation vorantreiben lässt – vom Einsatz von Robotik bis hin zu Green Skills.

Nach dem erfolgreichen ersten Transformationsforum 2024 bestätigte sich auch bei der zweiten Auflage: Die Branche ist bereit für den Wandel, braucht aber konkrete Werkzeuge und Methoden. Die Keynotes und Workshops zeigten eindrücklich, dass kleine, klug angegangene Innovationen große Wirkung entfalten können.

Keynotes: Zwischen Widerspruch und Notwendigkeit

Den Auftakt bildeten drei Keynotes, die unterschiedliche Perspektiven auf Innovation in der Baubranche warfen. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Hans Wilhelm Alfen (Alfen Consult GmbH) beleuchtete das spannungsreiche Verhältnis zwischen Baubranche und Innovation. Seine zentrale These: Innovationen in der Baubranche könnten wesentlich wirkungsvoller sein. Wichtig dafür sei eine geringere Trennung von Planen und Bauen und eine stärkere Nutzung von Skaleneffekten in der Branche.

Dr. Fabian Meyer-Brötz (PERI 3D Construction GmbH) zeigte mit seinem Vortrag zur Disruption als Transformationstreiber, dass mutiges Voranschreiten nicht nur möglich, sondern notwendig ist. Am Beispiel des 3D-Drucks im Bauwesen demonstrierte er, wie disruptive Technologien etablierte Prozesse grundlegend verändern können – und warum Unternehmen den Sprung wagen müssen. Seinen Vortrag rückte eindrückliche Projektreferenzen in den Fokus. Die Botschaft: »Haben Sie den notwendigen Mut, beginnen Sie Ihre Transformationsreise.«

Thomas Wehrle (ERNE AG Holzbau) führte die Teilnehmenden in seinem Vortrag »Der Weg in die digitale Fertigung« durch die praktische Umsetzung digitaler Transformationsprozesse. Die Erkenntnis: Digitale Fertigung eröffnet völlig neue Möglichkeiten im Holzbau – von der Präzision bis zur Effizienz. Wehrle sieht den Schlüssel für eine neue Baukultur in der Kombination aus neuen Materialien, neuen Planungs- und Baupozessen, Unterstützung durch Digitalisierung und einem neuen Mindset. Er zeigt zudem eindrucksvolle Beispiele für den modernen Holzbau mit Projekten wie DB Campus Erfurt oder LEAP Roche Penzberg.

Panel-Fazit: Energie für Innovation statt Verzagtheit

Im Anschluss an die Vorträge des ersten Tages fand eine lebhafte Paneldiskussion statt. Dabei war ein klares Statement aller Beteiligten wahrzunehmen: die Branche hat keine Transformation vor sich, sondern steckt schon mitten drin. Besonders beeindruckend fand Dr. Albrecht Franz die Herangehensweise von PERI 3D Construction GmbH: »PERI hatte sich ein Worst-Case-Szenario erarbeitet, bei dem ihr Geschäftsmodell überflüssig werden könnte und so entstand eine Idee zum 3D-Betondruck. Und: Innovieren heißt ausprobieren, hinfallen, weitermachen. Es zahlt sich nicht schnell aus, aber nur so geht es«. Auch eine spannende Erkenntnis der Paneldiskussion: Es ist schon viel Robotik im Einsatz, von der Herstellung von Stampflehm-Bauteilen bis hin zum autonomen Schweißroboter auf der Baustelle. Insgesamt zeigte die Diskussion: Es ist keine Verzagtheit spürbar – im Gegenteil: Es gibt viel Energie für Neues und Innovation.

Tag 2: Praxisorientierte Workshops

Der zweite Tag stand ganz im Zeichen praxisorientierter Workshops, die konkrete Handlungsfelder der Transformation beleuchteten. Besonders intensiv diskutiert wurde das Thema Green Skills: Isabelle Rumpenhorst, Janine Rathmann (Brüninghoff GmbH & Co. KG), Melissa Köhler und Katrin Jochum (Fraunhofer IRB) arbeiteten gemeinsam mit den Teilnehmenden heraus, welche Kompetenzen für eine erfolgreiche nachhaltige Transformation erforderlich sind. Ein zentrales Ergebnis: Green Skills sind nicht nur technische Fertigkeiten, sondern umfassen auch Veränderungsmanagement und interdisziplinäres Denken.

Zwei weitere Workshops fanden am Vormittag statt: Liza Wohlfahrt (Fraunhofer IAO) stellte in ihrem Workshop zu »Smart Simplicity einfache, günstige und zugleich hochwertige Lösungen vor – frugale Innovationen, die man der Baubranche zuordnen kann, zum Beispiel Tiny Houses. Sie erklärte, wie Unternehmen für sich geeignete Ansätze finden können. Mithilfe einer Kreativtechnik konnten die Teilnehmenden beispielhaft die praktische Anwendung testen und frugale Lösungen für verschiedene Zielgruppen erarbeitet.

Christina Hoffmann (RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e. V.) bot gemeinsam mit Dr.-Ing. Hannes Harter (vesta sustainability consulting UG) und Barbara Klobucaric (Fraunhofer IRB) den Workshop »Transformation nachhaltiges Bauen – Chance oder notwendiges Übel?« an. Echte Transformation gelingt nur, wenn wir den Blick weiten, Nachhaltigkeit ganzheitlich denken und somit Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Governance) gemeinsam betrachten.

Nachmittag: Daten, Kultur und Künstliche Intelligenz

Großes Interesse fand der Nachmittag-Workshop »Von der Datenflut zur Ökobilanz« mit Christina Baart (Heinze GmbH), Pascal Kepler (EPEA GmbH – Part of Drees & Sommer) und Andrea Wuchner (Fraunhofer IRB). Zunächst stellte Pascal Kepler die rechtlichen Rahmenbedingungen vor, die die Erhebung und Auswertung von Daten notwendig machen. Anschließend gab Christina Baart Einblicke in die Datendrehscheibe von Heinze. Hier werden wichtige Daten insbesondere zu Bauprodukten redaktionell erfasst und gepflegt. Im letzten Teil des Workshops leitete Andrea Wuchner eine interaktive Diskussion, in der die Referenten gemeinsam die Fragen beantworteten, welche Daten in der Baubranche benötigt werden und welche Daten bereits zur Verfügung stehen. Fazit: Das Thema Daten ist in der Baubranche angekommen.

Stefanie Schaupp (Wayss & Freytag Ingenieurbau AG) sowie Caroline Raps und Vanessa Hartmann (Fraunhofer IAO) widmeten sich der oft unterschätzten Rolle von Kultur und Innovation im Projektmanagement. Ihr »Bau-Navigator« zeigte auf, wie sich durch bewusste Kulturentwicklung Transformation beschleunigen lässt. Das Tool ist eine auf die Baubranche zugeschnittene Version des Transformations- und Innovationsnavigators (TIN und unterstützt gezielt bei Veränderungsprozessen in Unternehmen. Der Fokus des Workshops: Psychologische Erfolgsfaktoren von Transformation.

Und ein weiterer Workshop rundete das Nachmittags-Programm ab: Cornelius Bauknecht (Fraunhofer IRB) ging der Frage nach, ob Künstliche Intelligenz im Bauwesen nur Hype oder echte Chance ist. Seine Antwort: KI bietet konkrete Potenziale, wenn sie gezielt und durchdacht eingesetzt wird. Auch die meisten der Teilnehmenden sahen KI als Chance – vorausgesetzt, man setze sie gezielt ein. Die Teilnehmenden identifizierten konkrete Arbeitsbereiche, in denen sie sich durch KI entlastet oder unterstützt wünschen, z. B. repetitive Tätigkeiten, Content-Erstellung, Marktanalyse und Prozessautomatisierung. Als Inspiration für die weitere Auseinandersetzung mit KI wurde die Zukunftswerkstatt KI des Fraunhofer IRB vorgestellt. Die im Workshop identifizierten konkrete Anwendungsbereiche von KI lassen sich hier vertiefen. Die Zukunftswerkstatt KI wird so zum Bindeglied zwischen ersten Erfahrungen und systematischer KI-Integration. Ein Highlight des Workshops war das interaktive Format »Ein kleines Haus bauen mit KI und neuer Technologie«. Dabei konnten die Teilnehmenden ein begehbares Modell erleben, das mithilfe der Apple Vision Pro aus dem Smart Skilling Lab des Fraunhofer IRB visualisiert wurde. Das virtuell errichtete kleine Gebäude ließ sich aus allen Perspektiven betrachten und begehen – ein eindrucksvolles Beispiel für das Zusammenspiel von KI und immersiver Technologie

Ausblick: Transformation braucht kontinuierlichen Dialog

Das 2. Transformationsforum Bau bestätigte: Innovation in der Baubranche ist möglich und notwendig. Die intensive Diskussion zwischen den verschiedenen Akteuren der Branche zeigte aber auch, dass Transformation ein kontinuierlicher Prozess ist, der regelmäßigen Austausch und neue Impulse braucht. Das nächste 3. Transformationsforum Bau ist bereits für den 21. und 22. April 2026 in Stuttgart geplant. Bis dahin wird das Fraunhofer IRB die beim Forum gesammelten Erkenntnisse in neue Projekte und Angebote für die Bauwirtschaft einfließen lassen.